Aller Anfang 16: Viel hilft viel


Veröffentlicht am   02.02.2023 von Kai

Wenn Besucher, die bislang keinen Kontakt zum Golfsport hatten, mein Bag im Hausflur stehen sehen, dann kommt es vor, dass sie interessiert sind, mal einen Schläger in die Hand nehmen möchten, schauen, was das für ein Gefühl ist.

Ich bin dann natürlich immer sehr gerne bereit, umfassend Auskunft zu geben, zu zeigen, wie man den Schläger richtig greift, wie man schwingt. Oft geht es um die Frage, was mich am Golf so fasziniert, was den Reiz ausmacht, sich bei Wind und Wetter – zugegeben: am liebsten bei trockenem und warmem Wetter – auf den Platz zu begeben und einem kleinen Ball hinterherzulaufen, den man mehr oder weniger in die gewünschte Richtung schlägt, um ihn dann in einem kleinen Loch zu versenken.

Die erwartete Frage

Und dann kommt sie irgendwann, die von mir erwartete Frage, die immer wieder gestellt wird: Wozu benötigt man so viele Schläger, wovon viele – die Eisen – auch noch sehr ähnlich aussehen?

Ja, diese Frage habe ich mir als Neuling auch gestellt. Vor allem, als es um die Anschaffung ging. Komme ich nicht mit vier oder fünf Schlägern aus? Kann ich die Kosten nicht dadurch minimieren, dass ich nur mit vier, statt mit maximal 14 Schlägern auf die Runde gehe?

Reichen nicht vier Schläger?

Es müsste doch für einen guten oder auch aufstrebenden Spieler ausreichend sein, einen Driver, vielleicht ein Hybrid, ein mittleres Eisen und einen Putter mitzunehmen. Damit könnte man doch allen Schlagweitenanforderungen gerecht werden. Sicher, das könnte man. Für lange und mittlere Schläge hätte man Driver und Hybrid, fürs Einlochen den Putter und für kürzere Distanzen und Annäherungen das Eisen, vielleicht ein Eisen 7 oder 8.

Und es gibt Turniere, die man auch mit minimalistischem Satz bestreiten muss, bei denen nur drei Schläger erlaubt sind. Dann nimmt man den Driver mit, ein längeres Eisen 6 oder 7 und ein Wedge. Den fehlenden Putter kann der Driver ersetzen mit seiner großen Schlagfläche und seinem geringen Loft, also der nur relativ kleinen Neigung der Fläche im Vergleich zur Vertikalen.

Dosierung des Schwungs

Die besondere Herausforderung für den Spieler liegt dann in der Dosierung des Schwungs beim Griff zum Eisen, denn bei kürzeren Distanzen könnte ein normaler Schwung den Ball zu weit treiben. Hier ist Feingefühl gefragt, denn normalerweise funktioniert das Spiel grundsätzlich etwas anders.

Und hier kommt nun auch die Antwort auf die Frage, warum das Set so viele Eisen vorhält: Diese Eisen haben unterschiedliche Schaftlängen und unterschiedliche Loftgrade bei den Schlagflächen.

Schlägerwahl bestimmt Schlagweite

Und darum ist der Golfschwung auch so essenziell. Es geht nämlich darum, jeden Eisenschwung (die Wedges mal außen vor gelassen) gleich auszuführen. Mit gleicher Kraft, gleicher Intensität und gleicher Geschwindigkeit. Die zu erzielende Weite wird durch die Wahl des richtigen Eisens bestimmt.

Golf-Pro Vaughn Hawtrey beschreibt im folgenden Video die Schlägersituation für echte Golfneulinge und hat bei seiner Schlägerauswahl daher auch eine etwas andere Prämisse gesetzt als ich weiter oben im Text. Dennoch ist der Film auch für Rookies eine Hilfe, die bereits mit einem kompletten Satz auf die Runde gehen.

Nochmal anders formuliert: bei Schwüngen mit den Eisen wird generell nicht der Schwung dosiert. Die Schlagweite wird durch die Eisenwahl bestimmt. Das vereinfacht das Spiel. Aber natürlich ist das relativ zu sehen.

Golfanfänger wissen, wie schwierig ist ist, sich einen guten und repetierbaren Golfschwung anzutrainieren. Es dauert. Und niemals darf man sich auf den Lorbeeren ausruhen, wenn man den Eindruck hat, dass der Schwung sitzt, die Bälle gleichmäßig weit und in die richtige Richtung fliegen. Schnell schleichen sich wieder minimale Fehler, geringe Änderungen der Bewegung ein.

Oft hilft nur ein Pro

Der Schwung wird wieder schlechter. Dann hilft oft nur ein Pro, um den Schwung wieder in die richtige Bahn zu bringen. (Siehe dazu auch: Aller Anfang 15: Golfen im Jurassic Park)

Und nun stelle man sich vor, man müsse nicht nur Haltung, Schwungbahn, Schlägerkopfausrichtung und – geschwindigkeit, Stand und Griff im Auge behalten, sondern dazu noch die Kraft filigran dosieren, um die angepeilte Weite zu erreichen, um den Ball nicht zu weit oder zu kurz zu schlagen.

Das klingt jetzt nach einer Kleinigkeit, doch Golfer wissen, dass dieser Aspekt große Schwierigkeiten machen könnte, denn der Schwung ist nicht nur auf Bewegung trainiert, sondern auch auf eine gewissen Kraft und Technik und auf eine bestimmte Weite des Ausholens.

Trainierter Schwung nichts wert

Das alles müsste man wahrscheinlich ändern, um die Schlagweite zu dosieren. Und sofort wäre der mühsam antrainierte Schwung nichts mehr wert.

Hier gibt Golf-Pro Florian Raggl gute Tipps für den richtigen Schwung mit einem Eisen:

Sehen wir es historisch: Der Golfsport wurde irgendwann erfunden. Genaue Belege, wann der wirkliche Startpunkt zu setzen ist, gibt es nicht. Bereits aus dem 14. Jahrhundert gibt es Nachweise, dass Menschen mit Schlägern einen Ball in ein Loch bugsiert haben. Seither – und bevor die Briten den Sport quasi feingeschliffen und mit klaren Regeln versehen haben – hat sich noch viel geändert.

Die Schläger entwickelten sich und irgendwann wurde festgestellt, dass es eben einfacher ist, wenn man eine Reihe von Schlägern hat und jedem davon eine gewisse (je nach Übung sehr konstante) Schlagweite zuordnen kann, als sich mit einem Schläger zu quälen und neben dem richtigen Schwung auch noch die Schlagweite im Auge haben muss.

Deutliche Erleichterung

Ich jedenfalls empfinde das als deutliche Erleichterung. Und wer einen kompletten Schlägersatz beim Spiel gewöhnt ist, plötzlich aber nur einen Halbsatz oder noch weniger Schläger – aus welchen Gründen auch immer – zur Verfügung hat, der wird mir beipflichten. Und der Spruch, der in anderen Zusammenhängen eher negativ besetzt ist, wird hier zum absolut richtigen Positivum: Viel hilft viel.

Welches Eisen nun für welche Schlagdistanz eingesetzt werden sollte, dafür kann ich hier keine Patentregel geben. In meinem Text How to Golf 7: Die Qual der (Schläger-)Wahl auf diesem Blog findet sich neben einigen Tipps auch eine Tabelle, die Durchschnittsweiten der verschiedenen Schläger in Bezug auf das Können des jeweiligen Golfers ausweist. Doch natürlich sind das nur Durchschnittswerte.

Werte selbst ermitteln

Um die richtigen Werte und entsprechende Schläger für sich selbst zu ermitteln – vorausgesetzt, der Schwung ist schon einigermaßen regelmäßig wie auch die Weiten mit den einzelnen Eisen -, so empfiehlt es sich, auf der Range mit jedem Eisen mindestens zehn Bälle zu schlagen. Aus den erspielten Weiten bildet man einen ungefähren Mittelwert. Das kann bei der Schlägerwahl auf der Runde eine gute Hilfe sein. Probieren Sie’s doch mal aus.

Zum Schluss gibt’s noch ein Video, das zeigt, welche Weiten möglich sind. Und auch wenn das für so gut wie jeden Hobbygolfer reine Phantasie bleiben wird, so ist es doch beeindruckend anzusehen, welche Ergebnisse aus einem Zusammenspiel zwischen einem guten Schwung, also der richtigen Schlagtechnik, und viel Körperkraft zu erreichen sind.


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10 Jahre als Rookie