Aller Anfang 15: Golfen im Jurassic Park


Veröffentlicht am   12.01.2023 von Kai

„Ich kann’s jetzt“ – jeder kennt diesen Satz als kürzesten Golfwitz. Dass darin mehr als nur ein Körnchen Wahrheit liegt, das weiß auch jeder, der gerne zum Golfschläger greift.

Denn es gibt diese Tage, an denen alles passt, gefühlt jeder Schlag funktioniert, auch schwierigste Lagen gemeistert werden. Man geht vom Platz mit dem Gefühl, dass man’s endlich begriffen hat, die Scorecard als Beweis in der Tasche.

Plötzlich geht nichts mehr

Und dann kommt die nächste Golfrunde – und es funktioniert nichts mehr. Jeder Versuch, den Fehler vom vergangenen Schlag nicht zu wiederholen, führt zu noch mehr Unvermögen, Verkrampfung.

Nicht nur die Muskeln, auch der Kopf spielt dabei eine wichtige Rolle. Zweifel schleichen sich ein, mehren sich. Das gute Gefühl ist dahin. Von wegen: Ich kann’s jetzt.

Welten zwischen Tagesformen

Je länger die Golfkarriere bereits dauert, desto kleiner kann der Unterschied sein zwischen vermeintlich perfektem Spiel auf der einen und mutmaßlich miserablem Spiel auf der anderen Seite.

Bei Anfängern oder Selten-Spielern scheinen Welten zwischen den Tagesformen zu liegen. Bei Single-Handicappern geht es vielleicht nur um eine Handvoll Schläge auf der gesamten Runde.

Nicht wie Fahrradfahren

Doch das Ergebnis ist unterm Strich gleich, denn gute Spieler haben natürlich auch höhere Erwartungen an ihr Spiel, Neulinge nehmen die versägte Runde eher mit Schulterzucken hin: „Wird schon.“

Letztlich ist jedoch bei allen Spielern das Problem gleich: Zu Golfen ist eben nicht wie Fahrrad zu fahren. „Ich kann’s jetzt“ wird es nie dauerhaft geben. Denn gelernte Bewegungsabläufe – und seien sie noch so oft wiederholt und in den Muskeln gespeichert – sind nicht immerwährend 100prozentig wiederholbar.

Messbare Abweichungen

Würde man einen Golfschwung computergestützt perfekt ausmessen und graphisch darstellen, so würde man sehen, dass die Schwungeben beispielsweise doch nicht immer genau gleich ist, der Stand minimal unterschiedlich, der Griff variabel.

Wer „Jurassic Park“ gesehen hat und sich an die Szene erinnert, in der der von Sam Goldblum gespielte Mathematiker der netten Paläontologin die Chaostheorie mithilfe eines über den Handrücken laufenden Wassertropfens erklärt, der versteht sofort: Ein Tropfen sucht sich auf der Hand mal den einen und der nächste Tropfen einen anderen Weg, obwohl man gefühlt nichts verändert hat. Der Teufel liegt im Detail, im Beispielfall an Hautunebenheiten, an winzigen Härchen, die den Tropfen ablenken, an Temperaturschwankungen.

Fatale Einflüsse

Im Golfsport sind die Einflüsse anders, aber im Ergebnis ebenso fatal: Wetterbedingungen, Tagesform, guter oder schlechter Schlag vorher, aber auch in den Golfgegebenheiten selbst liegende Faktoren: der Stand, der Griff, die Haltung, der Schwung – alles ist nicht perfekt zu rekapitulieren, sondern ist von Schlag zu Schlag verschieden. Und das unbemerkt, denn es geht um Millimeter (zum Beispiel beim Griff), um Zentimeter (zum Beispiel bei der Schwungebene).

Hinzu kommt die Psyche. Man fühlt sich nicht immer gleich. Man mag das eine Loch, das nächste nicht. Man hat Lieblingsschläger und solche, zu denen man nur widerwillig greift, auch wenn sie für den folgenden Schlag genau die richtigen sind.

Hinterfragen notwendig

Und aus diesen vielfältigen Gründen wird es nie dauerhaft „Ich kann’s jetzt“ heißen. Ständig gilt es, sich selbst zu hinterfragen: Stimmt der Griff? Fühlt er sich gut an? Ist der Stand in Ordnung? Passt die Schwungebene? Auf der anderen Seite weiß auch jeder Golfer: zu viel Kopf am Abschlag ist auch selten zielführend.

Was macht man nun also mit diesem Dilemma? Doch die Ausrüstung wieder verkaufen und lieber Schach spielen? Oder Minigolf? Oder Fahrrad fahren, weil man das doch kann? Nichts gegen die aufgezählten Sportarten. Aber aus Frust das Golfen an den Nagel zu hängen, bedeutet nicht nur aufzugeben.

Es bedeutet, auf diese unbeschreiblichen Momente zu verzichten, wenn dann doch mal alles passt und ein Loch mit Bravour absolviert wurde, dieses Hochgefühl des „Was kostet die Welt“, dieses Glück, diese tiefe Zufriedenheit. Und das alles mit nettem Golfpartner in freier Natur.

Aufgeben gibt’s nicht

Nicht zu vergessen auch das fröhliche Diskutieren am 19. Loch, im Clubhaus, beim erfrischenden Getränk. Auf das alles also verzichten, weil es nicht funktioniert – und das vielleicht nicht nur einmal, sondern schlimmstenfalls auf mehreren Runden hintereinander?

Nein! Aufgeben kommt nicht infrage. Auch der untalentierteste Golfer kann aus diesem Sport tiefe Befriedigung ziehen – im Rahmen seiner Möglichkeiten, aber dennoch.

Deshalb gibt es einen wichtigen Schritt, den gerade Anfänger häufig zu spät gehen: Den Schritt zum Pro. Der muss nicht dauerhaft sein, kann phasenweise passieren. Doch wer gänzlich darauf verzichtet, wird wahrscheinlich immer auf seinem Niveau bleiben, in seltensten Fällen eine deutliche Verbesserung seines Spiel erleben, oft sogar langsam schlechter werden.

Denn beim Golf gibt es eine zentrale Regel: Man muss sich ständig hinterfragen, denn es schleichen sich Fehler ein, winzig, unbemerkt. Man greift den Schläger etwas anders, weil sich das vermeintlich besser anfühlt.

Fehler vergrößern sich

Und anfänglich ist das auch kein Problem, doch mehr und mehr entfernt man sich vom Optimalen und plötzlich – als Beispiel – fliegt der Ball eben nicht mehr geradeaus, sondern sliced kräftig nach rechts und das immer wieder, bei jedem Schlag.

Wer jetzt versucht, diesen Drall auszugleichen, wird vermutlich irgendwann seinen Stand ändern, sich weiter in Richtung nach links positionieren, und somit einen Fehler mit einem weiteren zu kaschieren versuchen. Dieses Beispiel ist auf viele Fehler beim Golf übertragbar.

Hilfe von außen notwendig

Man selbst erkennt oft nicht, wo sich der maßgebliche Fehler grundsätzlich eingeschlichen hat. Aber ein Pro hat hier die richtigen Ansätze, hat den Blick von außen und die Erfahrung, schnell zu erkennen, wo die Probleme liegen.

Hier kommt allerdings ein gänzlich anderer wichtiger Aspekt zum Tragen: Nicht wenige Golfer machen ihre Platzreife nicht auf dem Platz, den sie später regelmäßig bespielen. Bedeutet: Sie haben bei einem anderen Pro die Grundlagen gelernt. Und so, wie kein Golfschwung des einen dem eines anderen Spielers gleicht, so hat auch jeder Pro eventuell einen anderen Ansatz und andere Vorgehensweisen.

Nicht abschrecken lassen

Davon sollte man sich aber auf keinen Fall abschrecken lassen. Im Gegenteil. Es kann eine positive Herausforderung darstellen, sich auf den neuen Pro einzulassen.

Und, so es nicht ein grundsätzliches Problem mit ihm/ihr gibt (vielleicht passt die Nase nicht…), so wird sich sehr schnell herausstellen, dass es nicht nur richtig ist, sich und sein Spiel ab und an einem Trainer zu präsentieren, sondern dass dieser Schritt vielleicht sogar früher hätte erfolgen sollen. So mancher Frust wäre einem vielleicht erspart geblieben.

Auf Saison vorbereiten

Also, gerade in dunkler Jahreszeit: schnell einen Termin machen, damit man nicht nur freudig, sondern auch neu aufgestellt und mit gut justierten Golfspiel-Stellschrauben in die nächste Saison starten kann. Den Kontakt gibt es immer über das jeweilige Clubhaus. Viel Spaß.


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10 Jahre als Rookie