Der Mensch ist bequem. Möglichst einfach soll alles sein, auch leicht im Sinne von Gewicht, wenig Mühe machen, keine Anstrengung erfordern. Zugegeben, das trifft beim Sport nicht unbedingt zu. Wer joggt, der legt die Strecke mit Blick auf Ausdauer und Gesundheit zurück. Wer Volley-, Basket- oder Fußball spielt, der bringt körperlichen Einsatz für sein Team und den Siegerpokal. Da darf dann auch der ein oder andere Schweißtropfen zu Boden fallen. Auch wer Tennis spielt, der nutzt den Ehrgeiz, um aufs Siegertreppchen zu kommen, und nicht etwa, um das Siegertreppchen leichter erklimmen zu können.
Und beim Golf, dem Zeitvertreib, bei dem die Ausübenden nicht müde werden zu betonen, dass es ja auch ein Sport sei, schließlich lege man Strecken zurück (dafür die guten und oft teuren Schuhe), nehme Hitze und auch Kälte in Kauf, wenn auch nur selten am selben Spieltag (dafür die gute und oft teure Markenkleidung) und der Golfschwung selbst sei derart sportlich, da viele Muskeln involviert sind, dass er schon fast in den Bereich der Kunst reicht (dafür die guten und oft "Preis-werten" Trainerstunden), beim Golf also, ist es da den anderen Sportarten ähnlich?
Der Vergleich hinkt so sehr, dass ich behaupte, dass es gar kein Vergleich ist. Denn, seien wir ehrlich: niemand legt die Kilometer auf dem Platz zurück, um Kondition aufzubauen (warum sonst gibt es die Golfcarts?). Und das Spiel im Team ist auch eher selten, man kämpft häufig für sich allein mit Schläger und Ball - oder besser: dagegen. Das Schleppen von Material wird dann auch noch vereinfacht, indem die schwere und volle Tasche (14 Schläger, Bälle, Zubehör, Verpflegung) nicht auf den krummen eigenen Rücken, sondern auf einen Trolley geschnallt wird, letzterer bestenfalls noch mit Elektromotor, damit auch das Schieben als Anstrengung wegfällt.
Doch, fragt sich der geneigte Leser, der bis zu dieser Stelle durchgehalten hat: "Wo will der Schreiber mit diesem Text eigentlich hin? Was wird zur Kernaussage, was ist die Intention?" Ganz einfach: Ich will zu einer Neuerung, die mir letztens beim Scrollen über eine Seite in einem mit dem Begriff "Soziales Netzwerk" als Zeitdieb bekannten Internetangebot ins Auge stach. Ja, ich musste sogar zwei Mal hinsehen, weil ich zuerst dachte, mein Optiker müsse mal wieder mit meinem Besuch rechnen: Das Ding heißt "Gen 1" von der Firma "Q Golf" und ist die Eierlegende Wollmilchsau unter dem weiten Himmel des Golf-Equipments.
Unus pro omnibus, wie der Bildungsprotz sagt und damit kein Fortbewegungsmittel für größere Gruppen meint, sondern in lateinischer Sprache ausdrücken möchte, worum es bei dem Q Golf-Ding geht: "Einer für alles", oder auch "Einer für alle" wie es bei Alexandre Dumas‘ Musketieren heißt, denn der "Gen 1" ist ein Schläger, der alle (oder genauer: fast alle) in sich trägt. Ein Zauberding, das bei Neugolfern den Geldbeutel, bei langjährigen Golfspielern den Rücken schonen soll. Denn dieser "Gen 1" will tatsächlich alle Eisen ersetzen vom Eisen 4 oder 5 (so diese überhaupt noch im Bag sind und nicht von Rescues verdrängt wurden) bis hin zu den diversen Wedges.
Wie das geht? Ganz einfach dieser Superschläger hat einen verstellbaren Kopf, womit das Loft verändert werden kann, die Neigung der Schlagfläche also auf die jeweils angepeilte Entfernung angepasst. Ein Schlägertausch entfällt damit, einzig den Putter muss man noch zur Hand nehmen. Und vielleicht den Driver am Abschlag, das Fairwayholz und auch den Rescue, jeweils für längere Strecken.
Ja, zugegeben, ein wenig Ironie schwingt in diesem Text mit, denn ich gehöre zu den Golfern, die es lieben, mit einem gefüllten Bag auf die Runde zu gehen, die es lieben, wenn die Schläger aneinanderschlagen und dabei klingeln, die es lieben, vor jedem Schlag genussvoll den dafür passenden Schläger zu wählen und aus dem Bag zu ziehen.
Von dieser persönlichen Freude abgesehen: Das Bag ganz ersetzen wird dieser Wunderschläger eh nicht können. Aber er kann Größe und Gewicht der Tasche verringern. Künftig könnte ein Pencilbag reichen, wenn man mit nur noch vier Schlägern (Driver, Rescue, Putter und dem Zauberschläger) unterwegs ist.
Und er kann Geld sparen, denn ein guter Schlägersatz kostet. Egal, ob Einsteiger- oder Profiset, der Neupreis ist sicher höher als der des "Gen 1", nicht zuletzt, weil neben der Entwicklungsarbeit auch das Material zu Buche schlägt.
Bleibt die Frage: Lohnt sich der Kauf des "Q Golf Gen 1"? Ehrlich: Ich weiß es nicht. Es ist sicher möglich, dass dieser "Viele-in-einem-Schläger" eine kleine Revolution darstellt. Um das herauszufinden, müsste man ihn ausprobieren – oder besser: ausprobieren lassen von Spezialisten, die genau wissen, worauf es ankommt.
Zudem bleiben noch Fragen, zum Beispiel, ob die Sohle des Kopfes immer im selben Winkel zum Schaft bleibt und der Schläger sich damit anders spielt, als bei einem normalen Set, bei dem sich besagter Winkel vom langen Eisen bis zum kurzen Lob-Wedge ändert und damit auch die Länge des Schaftes.
Apropos Schaft, das ist ein gutes Stichwort, denn genau genommen ist der "Gen 1" gar kein kompletter Schläger. Er kommt im Angebot als Schlägerkopf und Griff. Der Schaft dazwischen muss gesondert erstanden werden. Und wie sich die unterschiedlichen angepeilten Schlagweiten mit einem immer gleich langen Schaft umsetzen lassen, das kann ich auch nicht beantworten.
Fazit: Dieser Text ist keine wirkliche Empfehlung, er ist im Gegenzug aber auch keine Ablehnung des "Gen 1". Denn um die Qualität auf dem Platz wirklich beurteilen zu können, fehlt mir das Fachwissen und natürlich auch grundsätzlich die Möglichkeit, ihn einfach auszuprobieren.
Spannend finde ich die Idee aber allemal. Und es könnte auch eine Geschenkidee sein für einen Golfer, der sonst schon wirklich alles hat.