Wo Du gerade sagst: ... Vernunft ...


Veröffentlicht am   04.09.2023 von Kai

Der bislang letzte Text in dieser Kategorie liegt noch nicht weit zurück. Insofern stimmt es noch immer: Ich bin eine Couch-Potato, die Waage zeigt für meine Größe noch immer zu viel an. Ich bewege mich zu wenig.

Deshalb bin ich froh, im Golfen eine Sportart gefunden zu haben, die mich psychisch und vor allem physisch fordert, die mir Schweißtropfen auf die Stirn treibt, bei der ich mich nicht nur bewegen muss, sondern auch bewegen will.

Sport wird wichtig

Ich bin langsam in einem Alter, indem sportliche Betätigung immer wichtiger wird, wenn noch zwei, hoffentlich drei gute Jahrzehnte folgen sollen. Es ist wichtig, sich und seinen Körper zu fordern. Aber es muss nicht mehr bis an die absolute Grenze sein.

Das kann man mit 20 machen, ohne Angst haben zu müssen, dass das Herz nicht mehr will. Man kann es auch in meinem Alter, schon jenseits der Lebenshälfte tun, doch dann sollte der Körper darauf eingestellt sein, er sollte fit sein. Das bin ich nicht.

Mehr "Strecke machen"

Treppen werden langsam zur Herausforderung. Ein sicheres Zeichen dafür, dass ich mich mehr bewegen sollte. Deshalb möchte ich das Golfen forcieren, mehr Zeit auf dem Platz verbringen, mehr „Strecke machen“.

Doch letztens wurde mir dabei klar und deutlich vor Augen geführt, dass ich nicht mehr einfach losmarschieren kann. Der Kopf will zwar noch durch die Wand, der Körper aber nicht. Es war ein echter Schuss vor den Bug.

Endlich wieder auf dem Platz

Folgendes war passiert: Ich war mit meinem Dauer-Golfpartner auf dem Platz verabredet. Beide hatten wir frei, so trafen wir uns kurz nach 10 Uhr zum Einschlagen auf der Range, die Runde sollte um 11 Uhr beginnen. Unser Lieblingsplatz unterteilt sich in eine große, sprich: lange Runde von 9 Loch und einen Kurzplatz, der neben 8 Par-3-Löchern am Ende noch mit einem Par 4 aufwartet. Auf letzterem Platz wollten wir starten.

An diesem Tag war es warm, nein, es war heiß. Brennende Sonne und keine Wolke am Himmel. Wir schwitzten bereits, als wir aus den Autos stiegen und unser Besteck vorbereiteten. Das Einschlagen auf der Range fand zwar im Schatten statt, aber auf der kleinen Runde brannte danach die Sonne unbarmherzig auf uns nieder.

Nicht aufgepasst

Und bereits nach dem dritten Loch fiel es mir auf: nicht nur, dass ich zu wenig Flüssigkeit dabei hatte, nämlich nur eine 0,33-er Flasche Wasser. Ich hatte auch schon am Morgen und am Tag davor nicht nur zu wenig getrunken, sondern zudem auch kaum etwas gegessen. Ich hatte bei der Hitze dieser Tage einfach kein Hungergefühl entwickelt.

Nun hatte ich die Zeche für meine Gedankenlosigkeit zu zahlen: Hitze und „Hungerast“ wie die Profiradfahrer es nennen, sorgten für einen gnadenlosen Leistungseinbruch. Es ging plötzlich einfach nicht mehr. Es fehlte an Konzentration und an Power. Die Schritte wurden schwer.

Fehleinschätzung

Ich gab die beiden letzten Löcher der kleinen Runde auf und rettete mich ins Clubhaus, wo mehrere Schokoriegel und ein halber Liter kalte Apfelschorle halfen, die Schwächephase zu überstehen. Zumindest dachte ich das, ging erholt und bestens gelaunt mit dem Partner auf die zweite, die große 9-Loch-Runde.

Aber ich hatte die Rechnung gemacht, ohne mein Alter, mein Gewicht, meinen Fitnesslevel zu bedenken. Und so war nach weiteren vier Löchern wieder Schluss mit lustig. Es blieb mir nichts übrig, als auch diese Runde aufzugeben. Als wir auf dem Weg zu Abschlag 6 am Parkplatz vorbeikamen, verstaute ich die Sachen im Kofferraum meines Autos, ging die letzten Bahnen als Zuschauer und Begleiter mit – und fühlte mich elend.

An Grenzen gekommen

Nicht, weil mir passiert war, was eben passiert war, sondern weil ich merkte, dass ich an meine Grenzen gekommen bin, an die des Alters, das sich noch nie so deutlich bemerkbar gemacht hat, und an die der Leistungsfähigkeit - aus Unachtsamkeit. Ich habe nicht aufgepasst, zu wenig gegessen und getrunken und mein Körper hat mir gezeigt, dass die Zeit, in der das vielleicht mal ging, einfach vorbei ist.

Nein, ich werde darüber nicht depressiv. Dazu gibt es keinen Grund. Trotz mangelnder Fitness und zunehmenden Alters geht es mir gut. Und damit das auch weiterhin der Fall ist, werde ich künftig deutlich besser darauf achten, was ich wann mache, was ich wann esse und wie viel ich trinke.

Vernünftig werden

Vielleicht musste ein solcher Tag mal kommen und ich ausgerechnet bei einer meiner Lieblingsbeschäftigungen so an die Grenze geführt werden, damit ich lerne, auf mich aufzupassen, vernünftig zu werden.

Es war das klare Ende der Unsterblichkeit. Und dafür bin ich sogar ein wenig dankbar.

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