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Es ist ein nebliger und unangenehm kühler Frühlingsmorgen, als der Platzreifekurs beginnt. Wenn das die Voraussetzungen sind, die einen Golfspieler bei seinem Hobby begleiten, dann dürfte das für die Mitglieder unserer Gruppe ein kurzes Vergnügen werden. Jeder hat schließlich bereits die Bilder vor Augen, die einen herrlichen Sommernachmittag zeigen, bei dem man sich eher ein Plätzchen im Schatten suchen, denn eine dicke und wärmende Jacke anziehen muss. Doch davon sind wir aktuell weit entfernt.
Um 8 Uhr sollen wir uns am Platz einfinden, an einem Samstag. Aber wie ich, so sind die Freunde, die diesen Kurs mit mir belegen, ebenfalls Journalisten. Menschen, die für Tageszeitungen schreiben, Menschen, die es einfach nicht gewöhnt sind, zu nachtschlafender Zeit aufzustehen. Alle haben sich heute aus dem Bett gequält, niemand ist bislang richtig wach, die Stimmung hält sich in Grenzen. Wortkarg warten wir auf Nick, den Pro, unseren Kursleiter.
Nick ist – willkommen im Klischee – Brite und soll uns bei den ersten richtigen Schritten zum guten Golfspiel begleiten. Wie britisch Nick ist, das lernen wir sofort, als er an diesem Morgen erstmals zu uns stößt. Er kommt nämlich in Begleitung einer Tasse, darin dampfender heißer und tiefschwarzer Tee. „Ohne den geht es nicht, schon gar nicht um diese Uhrzeit“, grinst er uns nach einem fröhlichen „Guten Morgen“ an und nimmt einen Schluck.
Der erste Tag ist anschließend geprägt von Regularien, Grundlagen und so manchem Witz, mit dem Nick mit typisch dunklem englischen Humor die Stunden aufzulockern sucht. Und auch hierbei ist er Profi, er hat schnell Erfolg, die Gruppe taut und wacht auf.
Zunächst werden die Bags inspiziert: Manche haben bereits eine komplette Ausrüstung, andere sind mit Halbsätzen oder auch nur einzelnen Schlägern unterwegs. Nick ist zufrieden: „Damit kann man zumindest anfangen“, so sein Kommentar. „Dann schlagt mal ein paar Bälle“, wünscht er sich.
Wir stehen auf der Driving Range und sind mit „Freikarten“ für den Ballautomaten ausgestattet, dass bedeutet: wir können üben, üben, üben, ohne dass wir den Automaten immer wieder mit teuren Token füttern müssen.
Also schlagen wir und Nick beobachtet. Nach ein paar Minuten ruft er alle zusammen und gibt erste Resummees, die von „sieht schon gut aus“ bis zu „da müssen wir von Grund auf neu anfangen“ reichen.
Nick zeigt uns den richtigen Griff, erst schließt sich die eine Hand dann die andere darüber um den Schläger. Sicher muss der Schläger in den Händen liegen, aber nicht fest gegriffen wie ein Hammerstiel, eher sanft „wie ein kleines Vögelchen“. Auch die Ausrichtung des Schlägerkopfes gilt es zu beachten.
Für die meisten unter uns ist es der Zeitpunkt, frühere Gewohnheiten aus der Golfzeit vor dem Kursus zu vergessen, wie zum Beispiel falsche Griffhaltungen, die nie zum gewünschten Ergebnis führen, wie wir schnell lernen. Und siehe da: obwohl die Haltung zunächst ungewohnt erscheint, fliegen die Bälle nach der Griffkorrektur unter den Augen des Profis schon etwas besser, etwas weiter und tendenziell auch mehr geradeaus.
„Üben“ lautet nun die Devise, vor allem abseits der samstäglichen Treffen in der Gruppe und mit Nick. Also wird ab sofort jede freie Minuten auf der Range verbracht, und zwar zunächst nur auf der Range, denn noch würden wir die Bahnen des Platzes wohl zerhacken.
Und schon lernen wir die Regel kennen, die uns fortan noch für lange Zeit begleiten wird: Nach einem guten Schlag – also aktuell einem Glücksschlag – kommen viele schlechte. Genauer: fliegt ein Ball mal weit und gerade, dann kann man sicher sein, dass die folgenden in den Karpaten landen, weit rechts oder links von der erwünschten Linie. Und viel zu oft auch nur in unwesentlicher Entfernung vom Abschlagsplatz.
Doch bevor man nach einer unangenehm großen Zahl an missglückten Schlägern ernsthaft überlegt, ob man das teuer erstandene Equipment nicht doch besser mangels Golftalents wieder verkaufen soll, dann kommt wieder so ein Glücksschlag, der den Ball gerade, hoch und einigermaßen weit fliegen lässt.
„Geht doch“, denkt man sich, bevor die Tortur wieder von vorne beginnt. Es ist doch ein ewiges Auf-und-ab. Aber aufzugeben ist keine Alternative. Schließlich soll der Platzreifekurs nicht umsonst gewesen sein.
Eines wird uns allerdings schnell klar: da steckt noch viel Arbeit drin, bevor die erste Golfrunde einigermaßen erhobenen Kopfes absolviert werden kann. Auf geht’s.