Aller Anfang 14: Mein schwierigster Gegner


Veröffentlicht am   30.05.2022 von Kai

Aber je länger ich auf den Plätzen in meiner Umgebung spiele, je öfter ich auf den Grüns zu finden bin, desto mehr kristallisiert sich heraus, dass ich einem bestimmten Gegner oft nicht gewachsen bin.

Vorab sei gesagt: Ich spiele Golf mit Passion. Ich liebe es, dass im Kofferraum meines Wagens mein Golfbesteck immer bereitliegt.

Leider schaffe ich es nicht so oft auf die Runde, wie ich es gerne hätte. Doch wenn die Zeit gekommen ist, dann ist es wie Weihnachten.

Nichts entspannt mich mehr, als den Ball aufs Tee zu setzen, anzusprechen, mich zu konzentrieren und nach einem gelungenen Abschlag den Ball fliegen zu sehen. Dann – ich erwähnte es sicher schon – ist alles andere egal. Die Unbilden des Alltags fallen von mir ab, sind sofort vergessen.

Freude am Wettkampf

Ich genieße die Natur und das Spiel, freue mich auf den kleinen Wettkampf mit meinem regelmäßigen Spielpartner, auch wenn er zumeist am Ende weniger Schläge auf der Scorecard verzeichnen musste als ich.

Doch da gibt es noch einen, gegen den ich immer wieder antrete, nicht selten unterliege ich, kann ihn nicht überwinden, muss mich geschlagen geben. Bei Schlägen über Wasser beispielsweise macht er mir immer wieder zu schaffen. Aber auch im Bunker kann ich ihm selten trotzen. Er ist oft einfach übermächtig.

Von wem ich hier schreibe? Ich bin sicher, dass ihn viele andere Golfer auch kennen, er ihnen auch immer wieder das Spiel vergällen möchte, sie zu beeinflussen sucht. Es ist der kleine Teufel auf meiner Schulter, meine Psyche. Ich selbst bin mein schwierigster Gegner.

Manchmal läuft’s

Ab und an schaffe ich es, diesen Teufel abzuschütteln. Es gibt Momente, da stehe ich am Abschlag, habe den Driver in der Hand und weiß, dass der Schlag gelingen wird. Ich weiß es einfach, ohne sagen zu können, woher diese Gewissheit in den Sekunden kommt. Dann ist alles perfekt, nichts kann mich aus der Ruhe bringen. Es läuft.

Doch diese Momente sind, wenn es auch mit der Zeit meiner eigenen kleinen Golfkarriere mehr werden, noch immer eher rar gesät. Und je mehr ich mich bemühe, sie herbeizuführen und das Teufelchen abzuwerfen, umso härter wird der Kampf.

Nuancen zwischen gut und schlecht

Die große Schwierigkeit beim Golfsport liegt in der Tatsache, dass es nur Nuancen sind, die den guten vom schlechten Schlag unterscheiden. Es gibt zu viele Unwägbarkeiten, zu viele Faktoren, auf die es ankommt. Und ich spreche jetzt gerade nur von der Technik. Die Psyche ist dann nochmal eine ganz andere Sache.

Grundsätzliche halte ich mich für einen echten Durchschnittsmenschen, bin relativ ausgeglichen, kann einigermaßen klar denken und falle auch sonst nicht aus dem Rahmen. Auch auf dem Golfplatz bin ich einer von vielen, nicht übermäßig begabt, aber sicher auch kein hoffnungsloser Fall am Schläger.

Und auch beim Thema Selbstbewusstsein steche ich nicht hervor, kenne das „Heute ein König“-Gefühl ebenso wie die Selbstzweifel. Und ich glaube, dass sich beim Golfen an dieser Stelle die Geister scheiden.

Oder woran sonst kann es liegen, dass mir ein Abschlag, der den Ball zunächst 50 Meter quer über ein Gewässer bringen soll, regelmäßig misslingt, der „normale“ Schlag über dieselbe Distanz auf das Fairway aber eigentlich kein Problem darstellt?

Was passiert in meinem Kopf, dass ich so oft das Plätschern des verlorenen Balles hören muss, obwohl sich die Gegebenheiten im Vergleich zum vorherigen Abschlag nicht geändert haben? Hier, am Wasserhindernis, schaffe ich die 50 Meter nicht, am Loch zuvor waren 100 Meter kein Problem.

Ich sollte mal eine Statistik führen, aufschreiben, wie oft ich am Wasser versage und wie oft ich den Ball trocken in die Landezone bringe. Ich bin eigentlich sicher, dass mich mein Eindruck täuscht, dass ich doch etwas öfter erfolgreich bin, als ich rückblickend denke.

Zwei Probleme

Das also sind die beiden Probleme, die diese Situation erschweren: Einerseits bin ich am Wasserhindernis wahrscheinlich doch besser, als ich es glaube. Andererseits mache ich mir diesen Abschlag schon vorab selbst zur Schwierigkeit, weil ich schon auf dem Weg vom vorherigen Loch zum Wasserabschlag denke: „Jetzt wird’s wieder schwierig.“

Genauso bei den Bunkerschlägen. Ok, die Vorgabe, beim Ansprechen des Balles den Schläger nicht absetzen und den Sand nicht berühren zu dürfen, ist sicherlich ein Handicap im Vergleich zum Schlag auf dem Fairway. Doch macht diese Vorgabe den Schlag nicht so schwierig, wie mir das Teufelchen auf der Schulter weismachen will.

Und auch eine dritte Situation habe ich oft nicht im Griff: Spielen mit Fremden oder vor Zuschauern. Ich kann dann nicht richtig abschalten, mich nicht so gut konzentrieren, wie es sein sollte. Und schon ist wieder ein Schlag missraten.

Fehlende Sportler-Gelassenheit

Oft hadere ich dann mit mir, weil ich weiß, dass der Fehler nicht notwendig war, ich den Schlag eigentlich hätte sicher ausführen können. Und schon ist auch der folgende Schlag ruiniert. Denn hier fehlt mir die Sportler-Gelassenheit, sich immer auf das nächste Spiel, den nächsten Schlag zu konzentrieren und dabei den vorherigen vergessen zu können.

Über Tiger Woods – mit dem mich zu vergleichen ich nun wirklich weder das Talent, noch das Können, noch die Chuzpe habe – konnte vorhin ich lesen, dass ihn sein Vater früher beim Training immer bewusst gestört habe. Zwischenrufe waren da ebenso gängig wie Bälle, die plötzlich zwischen die Füße gerollt sind und so die Konzentrationsphase unterbrechen sollten.

Das war sicherlich auch für den Tiger anfangs ein großes Problem. Doch mit der Zeit lernte er, das alles auszublenden. Nicht zuletzt diese mentale Stärke war es, die diesen Ausnahmegolfer zu seinen großen Erfolgen geführt hat.

Spontane Überlegung

Und vielleicht kann das auch für mich wegweisend sein, überlege ich gerade, als ich diese Zeilen schreibe. Neben dem Training der Technik, des richtigen Schwungs, sollte ich vielleicht auch die mentale Komponente nicht außer Acht lassen.

Nochmal: ich vergleiche mich nicht mit Woods. Zwischen ihm und mir liegen auf dem Platz Welten, ganze Universen. Aber dennoch: irgendwie muss dem Teufelchen auf der Schulter beizukommen sein. Und vielleicht kann ich mir ein Beispiel an dem Amerikaner nehmen.

Und in diesem Moment ist das Teufelchen auch schon wieder da und fragt: Kann ich diese mentale Stärke wirklich lernen? Kann ich sie trainieren? Kann ich das Wasser oder den Bunker als Hindernis oder auch die Zuschauer vergessen oder gelassener hinnehmen und so manchen miesen Schlag vermeiden? Es käme auf den Versuch an. Vielleicht werde ich hier beizeiten darüber berichten.


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