Geschafft. Der Abschlag ist gelungen, das Fairway erfolgreich gespielt, die Annäherung hat funktioniert, der Ball liegt auf dem Grün. Die schwierigsten Passagen einer Bahn sind erfolgreich absolviert. Stimmt. – Halt, Moment. Stimmt das wirklich?
Der Golfschwung ist zweifellos die komplexeste und schwierigste Bewegung beim Golfen. Hat man sich, durch langes Training, einen sauberen und wiederholbaren, zudem einen erfolgreichen Golfschwung draufgeschafft, so sollte einem guten Score nichts mehr im Wege stehen.
So denken viele Golfer, doch am Ende der Runde zeigt die Scorecard: sie denken falsch. Denn das Spiel entscheidet sich auf dem Grün, auf jedem Grün von jeder Bahn aufs Neue. Die größte Schwierigkeit liegt nämlich nicht im erfolgreichen Schwung, sondern darin, das Grün richtig zu lesen und das Ergebnis gut umzusetzen.
Doch was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Was „liest“ ein Golfer auf dem Grün. Die Beschreibung ist recht einfach, die folgende Ausführung beim Putt umso schwieriger.
Das Grün zu lesen bedeutet, die Topografie richtig einzuschätzen, zu erkennen wo zwischen Ball und Loch Wellen im Grün sind, wo es eventuell leicht bergauf und wo es bergab geht. Das so genannte „Break“ einzuschätzen.
Das zu erkennen, liegt einem erfolgreichen Putt zugrunde. Wer auf einem welligen, schräg aufsteigendem oder abfallenden Grün den Ball gerade auf das Loch zu spielt, wird wohl scheitern.
Denn natürlich folgt der Ball nicht zwingend der geraden Linie. Vielmehr lässt er sich durch kleine Steigungen oder Senken des Grüns ablenken.
Und aus diesem Grund sieht man Golfer auf dem Grün oftmals in die Hocke gehen um von einem Punkt hinter dem Ball in Richtung Loch zu blicken und die gewollten Unebenheiten des Grüns nicht nur erkennen, sondern auch richtig einschätzen zu können. Und das ist die wahre Schwierigkeit beim Golfspiel.
Das alles ist natürlich Physik. Und diese lässt sich zwar berechnen. Doch ein Golfer sitzt ja nicht am grünen Tisch, sondern steht auf dem Grün. Hier hilft weniger die Berechnung als vielmehr die Erfahrung.
Man muss lernen, wie sich der Ball ablenken lassen wird, wo er vielleicht schneller wird und wie schnell er werden wird. Oder auch, wo er vielleicht gebremst wird.
Das alles gilt es einzuschätzen, wenn man sich zum Putt aufstellt. Die Beschaffenheit des Grün beeinflusst die Richtung, in der geputtet wird und natürlich auch die Kraft, die dem Ball mitgegeben wird.
Doch wie lernt man das, woher bezieht man die Erfahrung? Die Antwort ist klar: hier hilft nur die Übung. Und die beginnt in diesem Fall natürlich auf dem Putting-Green. Und sie beginnt – o Wunder – ohne Putter. Der Schläger bleibt zunächst im Bag.
Man beginnt ganz simpel mit ein paar Bällen. Von einem beliebigen Punkt, ca. zwei Meter vom gewählten Loch entfernt, versucht man, den Ball auf dem Übungsgrün (das natürlich möglichst nicht eben, sondern hügelig sein sollte) mit der Hand ins Loch rollen zu lassen. Dabei beobachtet man die Abweichung, den Weg, den der Ball wirklich rollt, statt der gedachten geraden Linie zum Loch.
Wenn man es mehrfach geschafft hat, den ins Loch zu befördern (ich würde 5 bis 10 Bälle vorschlagen), dann greift man zum Putter und versucht, das eben erlernte mit dem Schläger umzusetzen. Auch das will wieder geübt sein. Kraft und Richtung sollten passen.
Hat man das mehrfach gemacht und sich auch verschiedene Startpunkte gesucht und dabei unterschiedliche Schwierigkeitsgrade gewählt, so ist man auf dem Weg zum regelmäßigen Zwei-Putt, der auf jeder Bahn das Ziel sein sollte.
Die Übung kann ein wenig zum Wettbewerb werden, indem vor dem ersten Versuch, den Ball ins Loch zu rollen, ein Tee in der angepeilten Rollrichtung gesteckt wird. Natürlich in einer Entfernung, die vom Ball vor der Ablenkung durch Anstieg oder Gefälle nicht erreicht wird. Das Tee soll ja nicht getroffen werden, sondern nur die Richtung angeben.
Je öfter geübt wird, desto genauer sollte dieses Tee die perfekte Schlagrichtung zeigen, bevor der Ball zum ersten Mal rollt. Üben zwei Golfer gemeinsam, so können beide ein Tee stecken. Wer die so die bessere Richtung anzeigt, gewinnt. Der Startpunkt des Balls muss natürlich gleich sein.
Es gibt übrigens – neben dem hinhocken und so die Schlagrichtung abschätzen – eine weitere Möglichkeit, das Grün zu lesen. Diese kommt allerdings im Ernstfall nur bei ganz sanften Neigungen der Grasfläche und bei sehr gefühlvollen Golfern zum Einsatz: Man stellt sich über die Puttlinie zwischen Ball und Loch ein Fuß rechts, der andere links von dieser Linie, und erfült so ein mögliches Gefälle zu einer Seite.
Es gibt Golfer, die auf diese Art ein Gefälle von nur einem Grad erfühlen können. Für mich selbst ist diese Art des Grünlesens allerdings nichts. Ich schaue lieber – und rolle dann den Ball.
Das ist nach einem ausgiebigen und auch kräftezehrenden Training auf der Driving-Range auch eine gute körperliche Entspannung, bevor es dann wirklich auf die Runde geht. Viel Spaß beim Üben.