Knickerbocker, Hemd mit Krawatte, Strickjacke, Schiebermütze und rot-braune Schuhe – was hat diese Beschreibung eines eher anachronistisch gekleideten Herren auf einer Seite zu suchen, die sich mit Golf beschäftigt? Berechtigte Frage.
Doch Fans des britischen Geheimagenten 007 aka James Bond wissen direkt, wer gemeint ist: Auric Goldfinger, der legendäre Schurke aus dem dritten Film der Actionreihe, im Jahre 1964 kongenial dargestellt von Gerd Fröbe, hat sich damals derart gestylt zum Match gegen den Helden auf den Golfplatz begeben.
Es war übrigens nicht irgendein Platz. Die beiden Protagonisten spielten auf dem berühmten Platz in Stoke Park, Stoke Poges (Buckinghamshire), rund 40 Kilometer westlich von Londons City. Heute heißt das großzügige Luxusanwesen „Stoke Park Country Club Spa and Hotel“ ist noch immer Treffpunkt für Golf- wie auch Filmenthusiasten – mit entsprechend gefüllter Brieftasche, sei angefügt.
Doch nun nochmal die Frage: Was soll das hier? Dafür muss ich ein wenig ausholen. Wie so vieles im Leben, so ist auch Golf gewissen Regeln unterworfen. Und damit meine ich jetzt nicht das Spiel an sich mit seinen 24 mehr oder weniger klaren Anweisungen zu jeder erdenklichen Spielsituation.
Es geht vielmehr um das Drumherum, was nicht nur den Spieler selbst, sondern auch die Mitspieler und andere Menschen auf dem Kurs betrifft. Es geht um das Verhalten, das Benehmen, die „gute Kinderstube“, die Voraussetzung für eine gelungene Runde ist. Dinge also, die selbstverständlich sein sollten.
Die wichtigste dieser Vorgaben bezieht sich auf Leib und Leben der in Reichweite des Spielers befindlichen Menschen. Was im nun ersten Moment übertrieben klingt, das entpuppt sich bei genauerer Überlegung als sicherlich nicht falsch, denn Golf kann gefährlich sein.
Ich habe einen Freund, der nur noch mit einem Bauarbeiterhelm bewehrt auf einen Golfplatz gehen würde, denn seine bisherigen Erfahrungen besagen, dass er fliegende Bälle anzieht wie ein Magnet. Das ist vielleicht etwas hochgegriffen und blumig formuliert, aber wer schon einmal von einem Ball getroffen wurde, der weiß, dass es dabei nicht nur zu schmerzhaften blauen Flecken kommen kann.
Und daher lautet die wichtigste Regel auf dem Platz: Fliegt ein schlecht getroffener Ball in eine Richtung, in der sich andere Menschen befinden (könnten, denn bei Büschen und Bäumen auf den Plätzen ist das nicht immer zu erkennen), so ruft man aus Leibeskräften das Wort „Fore“. Es spricht sich wie „Vor“, also die erste Silbe des Wortes „Vorsicht“ und ist deshalb leicht zu merken.
Wer sich diesen Ruf spart, der spielt schlimmstenfalls wirklich mit der Gesundheit anderer Golfer. Deshalb sollte auf diese laute Warnung niemals verzichtet werden.
Damit im Zusammenhang steht das in meinen Augen Zweitwichtigste auf dem Platz: Wer den „Fore“-Ruf hört, sollte sofort in Deckung gehen, entweder hinter seinem eigenen Bag oder einfach in die Hocke, den Kopf dabei mit den Armen geschützt. Besser, der Ball, der mit mehr als 100 Stundenkilometern Geschwindigkeit angeflogen kommen kann, trifft den Arm als den Kopf.
Warum ich hier so ausdrücklich darauf hinweise? Nun, es ist menschlich, auf Signale derart zu reagieren, dass man schauen möchte, woher sie kommen. Viele Golfer drehen also beim Hören des Fore den Kopf in Richtung des Rufers. Wenn dann erkannt wird, dass der Ball direkt Kurs auf den Schauenden genommen hat, ist es für eine Reaktion in den meisten Fällen schon zu spät. Und das sollte man keinesfalls riskieren. Also runter mit dem Kopf, wenn Gefahr droht – eigentlich logisch, oder?
Was das gute Miteinander angeht, so gibt es noch weitere Dinge, die vor und auf der Runde beachtet werden sollten. Generelle Freundlichkeit gehört dazu wie zum Beispiel der gegenseitige Wunsch „Schönes Spiel“ unter den Golfern nach dem ersten Schlag aller Flightpartner.
Oder die Tatsache, dass man schnellere Flights natürlich durchspielen lässt, um sie nicht über Gebühr auszubremsen. Eine Regel, die viele Clubs auch in ihren Statuten festgeschrieben haben, weil sie nicht in den offiziellen Regeln vermerkt sind. Gilt übrigens auf vielen Plätzen nicht bei nachfolgenden Einzelspielern. Aber ich denke, dass man sich nichts vergibt, wenn man auch den Alleinspieler mal eben vorlässt.
Das Spieltempo an sich hat auch etwas mit Höflichkeit anderen gegenüber zu tun. Man spielt zügig, stellt sein Bag oder seinen Trolley am Grün immer schon in Richtung des nächsten Abschlags ab und trägt auch das Spielergebnis des jeweiligen Lochs nicht schon auf dem Grün ein, wenn der nächste Flight bereits wartet.
Wer das alles für selbstverständlich hält, der hat noch nie eine Golfrunde absolviert. Denn wie überall im Leben, so gibt es auch unter den Golfern Ignoranten, die sich selbst für den Mittelpunkt allen Geschehens halten, wie auch solche, die sich einfach keinen Kopf darum machen, dass auch andere gerne eben diese Bahn spielen wollen. Manche sind daher unbelehrbar, denen geht man am besten aus dem Weg. Andere, und dabei nicht nur Golfneulinge, sind dankbar für einen kleinen freundlichen (!) Hinweis.
Und was hat das nun alles mit Goldfinger zu tun? Naja, auch er verhält sich nicht immer korrekt. So fragt er zu Beginn der Partie beispielsweise laut, ob streng nach den Golfregeln gespielt werden würde. Generell sollte das schon keine Frage sein, aber Goldfinger stellt sie just in dem Moment, als Bond gerade zu seinem ersten Abschlag ausholt. Ein No-Go. Wenn sich ein Spieler konzentriert, dann gebietet es den Mitspielern die Höflichkeit, in dieser Phase Ruhe zu halten.
Bei Goldfinger war das natürlich böses Kalkül, geht es bei der Partie gegen Bond doch schließlich um 5000 britische Pfund, bzw. einen Goldbarren, den Bond als Köder eingesetzt hatte. Das macht das Verhalten nur umso schändlicher.
Kommen wir nun aber zum Outfit. Und während alles bislang beschrieben wirklich jedem einleuchten sollte, so scheiden sich bei der Kleidung die Geister. Warum sich nicht so kleiden, wie man selbst es für bequem erachtet? Schließlich ist die Bequemlichkeit wichtig, man sollte sich bei der komplexen Schwungbewegung schließlich nicht durch die falsche Jacke oder Hose eingeengt fühlen.
Der größte Streitpunkt ist immer das Beinkleid. Im Alltag sind die meisten Menschen tatsächlich in Jeans unterwegs, doch die ist auf den allermeisten Plätzen (vor allem in Deutschland) verpönt, oft sogar verboten. Das hat etwas mit der Historie zu tun und ich finde es daher müßig, darüber zu argumentieren. Letztlich kommt ja auch niemand auf die Idee, im Blaumann auf dem Platz zu erscheinen. Golf hat auch etwas mit Eleganz zu tun und die zeigt sich eben im Verhalten wie auch der Kleidung.
Man muss dazu nicht zur Knickerbocker greifen, auch eine Krawatte ist heute sicher übertrieben. Bond macht es an Goldfingers Seite vor, wie man elegant und sportlich zugleich gekleidet sein kann, ohne sich heute im Golfclub lächerlich zu machen: Stoffhose, Poloshirt und Pulli sind für die Runde eine der möglichen richtigen Entscheidungen. Ein Porkpie rundet das Bild ab und sorgt zugleich für einen kühlen Kopf bei schönstem Sonnenwetter.