Aller Anfang 8: Der Prüfungstag, Teil 1


Veröffentlicht am   21.02.2022 von Kai

Die Umstände kommen direkt bekannt vor: Nachdem wir uns am frühen Samstagmorgen aus den Betten gequält und zum Golfplatz geschleppt haben, empfangen uns – genau wie zu Kursbeginn – erneut leichter Nebel und unangenehme Kühle.

Heute soll es also geraten, wir sollen zeigen, was wir gelernt haben, um abschließend, nach Praxis – wie auch Theorieprüfung – letztlich die angestrebte Urkunde entgegennehmen zu können.

Doch der Weg sollte noch lang und – zumindest bildhaft – steinig werden und das Ergebnis stand jetzt, da wir uns durch die Aufwärmübungen in der Kälte quälten, noch lange nicht fest.

Einige Wochen waren vergangen, seit wir Nick kennengelernt und den richtigen Umgang mit dem Equipment gezeigt bekommen hatten. In diesen Wochen wurden unzählige Ballkörbe geleert, wurde am perfekten Schwung gearbeitet. Oder zumindest an einem Schwung, der den Ball einigermaßen geradeaus und einigermaßen weit fliegen lassen würde.

Gelernt und geflucht

Es wurden nebenbei Regeln gelernt und – auch das gehörte schon damals dazu – unzählige Flüche ausgestoßen, wenn wieder und wieder und wieder ein Schlag nicht gelingen wollte. Das natürlich nur leise, um der Etikette Genüge zu tun. So wurden auch keine Schläger den Bällen hinterhergeworfen, auch wenn der Drang, dies zu tun, nicht selten übermäßig erschien.

Wir lernten alsbald: Golf ist nicht nur ein Wettkampf zwischen dem Flightpartner und sich selbst, nicht nur das ständige Hadern mit Schläger und Ball, sondern auch der Zwist mit der eigenen Persönlichkeit: „Benimm Dich, gib nicht auf, konzentriere Dich“, das alles klingt von außen betrachtet vernünftig und auch normal. Jeder weiß sich doch zu benehmen.

Aber: auf dem Platz kann sich das schnell ändern. Der Drang, den Frust herauszuschreien, kann ebenso übermächtig werden, wie die Überlegung, die Scorecard am Ende mithilfe kleiner Schummeleien besser aussehen zu lassen, als es das Spiel wirklich hergegeben hat. Doch Lautstärke hilft nichts und der Betrug auf der Scorecard ist letztlich ja nur ein Betrug an sich selbst. Verführerisch, aber sinnlos.

Gefühle der Verzweiflung

Viele Bälle flogen in der Zeit des Kurses, Lernens und Übens so gar nicht dem Plane nach geradeaus und weit. Oft hoppelten sie, vom Schläger getoppt, nur gemächlich von hinnen, ebenso oft musste das Rough oder das Dickicht durchsucht werden, um auf der Scorecard keinen Ballverlust samt Strafschlag notieren zu müssen.

Und wie schon an den ersten Tagen, so gab es nicht selten Gefühle der Verzweiflung, gepaart mit der Überlegung, diesen Sport doch in Hinkunft besser zu meiden und sich vielleicht auf das unkompliziertere Mühle- oder Damespiel zu konzentrieren, da deren Spielsteine nur selten den Partner in Gefahr körperlicher Versehrtheit bringen.

Außerdem brächte der Verkauf der Golfutensilien zumindest genug ein, um mit Freunden einen netten Abend verbringen und so den Abschied von Schlägern und Bällen gebührend feiern zu können. Man wäre wieder ein normaler Mensch, müsste sich von den vielen Nicht-Golfern im Umfeld keine Sprüche und Vorurteile mehr anhören und hätte auch wieder Zeit, die Freundschaften zu ebendiesen zu pflegen, denen man auf eine Einladung hin zu oft hatte antworten müssen: „Sorry, ich kann nicht, ich muss auf den Platz und Annäherungsschläge üben.“

Doch dann kam er wieder, nach Dutzenden missratenen Ballflugversuche: der eine Schlag, der gelang wie geplant, Glücksgefühl inklusive, gepaart mit dem Gedanken, dass man dem Golfsport doch nie den Rücken kehren würde, da dieser zu viel Freude bereite. Bis dann, man ahnt es, die nächste Durststrecke und lange Liste der erneut misslungenen Versuche den Anfänger wieder nahe an die Verzweiflung brachte.

Relation zwischen miss- und gelungen

Es sollte noch lange dauern, bis sich die Relation zwischen miss- und gelungen Schlägen zum Positiven ändern würde. Und auch heute – das kann ich verraten – gibt es hin und wieder Tage, an denen so gar nichts gelingen mag und man sich auf der Runde nach dem Abschlussgetränk im Clubhaus sehnt, um dort mit dem Flightpartner über alles zu reden, aber bloß nicht mehr über die gerade absolvierte Golfrunde samt katastrophalem Ergebnis.

Doch endlich zurück zum Prüfungstag: Pünktlich sollte es losgehen, wir wurden in kleinen Flights auf den Platz geschickt, jeweils zwei Spieler gemeinsam, es gab kein Los, keine Zwangszuteilung. Man spielte mit dem Partner der Wahl, ich also mit der Liebsten, der ich die Kursteilnahme – nicht ganz uneigennützig – geschenkt hatte.

Es wurde eine Runde, die an den Nerven zehrte. Bei jeder Bahn mahnte der Hinterkopf zur Konzentration, jeder Fehlschlag ließ das gewünschte Ergebnis an Maximalschlägen, die man zur Platzreife notieren durfte, weiter in die Ferne rücken.

Wir waren vorab gewarnt worden, nicht zu mogeln, denn wir würden bei dieser Prüfung unter Beobachtung stehen. Letztlich sah das so aus: Nick stand auf einer Anhöhe in der Mitte des kleinen 9-Loch-Platzes und schaute in die Runde. Ich glaube nicht, dass er bei irgendeinem unserer Flights ernsthaft mitgezählt hat. Das wäre aufgrund der Entfernungen schlicht weg unmöglich gewesen.

Eine Qual von Bahn zu Bahn

Ich quälte mich von Bahn zu Bahn. Nach 8 Löchern war klar: Würde ich diese Prüfung bestehen wollen, so müsste ich Bahn 9 mit einer neuen Bestleistung spielen: 2 Schläge über Par, also sechs Schläge insgesamt waren erlaubt.

Der Abschlag gelang, nicht zu weit, aber einigermaßen geradeaus flog der Ball. Das Rough blieb unberührt. Nach weiteren drei guten Schlägen (ich konnte es kaum fassen) lag der Ball auf dem Grün. Ein 2-Putt musste nun geraten, sonst wäre die Prüfung versaut und ich müsste die Konsequenzen tragen (wie die aussehen würden, danach hatte noch niemand gefragt).

Putt 1: der Ball rollte, rollte gut, sogar sehr gut. Er blieb tatsächlich in weniger als eine Schlägerlänge, also der Schaftlänge eines Schlägers, entfernt vom Loch liegen. Jetzt galt es also. Es gab keinen Spielraum. Dieser letzte Schlag musste die Entscheidung bringen: bestanden – oder eben nicht. Durfte ich zur Theorie-Prüfung? Oder war ich nur Zuschauer?

Es blieb ein kleiner „Wadlbeißer“, ein Putt von ca. einem Meter Länge. Zu schaffen, ja, aber sicher war das ersehnte Zertifikat an diesem Tag noch nicht. Ob ich den Ball versenkt habe, erfahren Sie im nächsten Text der Reihe.


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10 Jahre als Rookie